Zwischen Sichtbarkeit, Anpassung und innerer Wahrhaftigkeit
- Joselaine dos Santos Andrade

- 24. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Kinder und Jugendliche entwickeln sich nicht im luftleeren Raum, sie tun es inmitten sozialer Felder: Schule, digitale Medien, Familie, Peers. Die „Öffentlichkeit“ im weitesten Sinne prägt Selbstbilder, Zugehörigkeitsgefühle und emotionale Sicherheit. In der psychologischen Arbeit wird deutlich, wie stark äußere Zuschreibungen, gesellschaftliche Erwartungen und soziale Vergleiche das innere Erleben beeinflussen. Therapie kann ein Ort sein, an dem das Kind lernt, sich zur Außenwelt zu positionieren nicht angepasst, sondern authentisch.
Die Psychoanalyse betrachtet die Beziehung zur Öffentlichkeit als Ausdruck innerer Objektbeziehungen und Ich-Strukturen. Die Art, wie ein Kind sich zeigt oder verbirgt, verweist oft auf unbewusste Konflikte, Schamgefühle oder das Bedürfnis nach Anerkennung. In der therapeutischen Beziehung kann der Umgang mit öffentlicher Sichtbarkeit neu verhandelt werden. Der innere Konflikt zwischen dem Wunsch, gesehen zu werden, und der Angst vor Bewertung wird verstehbar gemacht und im sicheren Rahmen bearbeitet.
In der Gestalttherapie wird die Wechselwirkung zwischen innerer Erfahrung und äußerem Kontakt ins Zentrum gerückt. Öffentlichkeit ist hier nicht abstrakt, sondern konkret. Wie bin ich im Kontakt mit anderen? Wie präsentiere ich mich freiwillig oder unter Druck? Die therapeutische Begleitung zielt darauf ab, das Kind oder die/den Jugendliche*n darin zu unterstützen, bewusste Entscheidungen darüber zu treffen, wie viel Nähe, Sichtbarkeit oder Rückzug es in bestimmten sozialen Kontexten braucht. Es geht um Stärkung im Umgang mit Gruppen, Blicken und Erwartungen ohne das eigene Selbst zu verlieren.
In der Verhaltenstherapie wird Öffentlichkeit als sozialer Raum verstanden, in dem bestimmte Verhaltensmuster erlernt und eingeübt werden können. Ob in der Schule, im sozialen Netz oder in Gruppensituationen. Die Fähigkeit, sich angemessen und gleichzeitig selbstbewusst zu zeigen, ist ein trainierbares Ziel. Rollenspiele, soziale Kompetenztrainings und Expositionsverfahren unterstützen Kinder und Jugendliche dabei, sich sicher in öffentlichen Kontexten zu bewegen, mit wachsendem Selbstwert und realistischen Erwartungen an sich selbst.
Öffentlichkeit ist eine Bühne aber kein Zwang zur Maske
Sich zeigen zu dürfen, ohne sich zu verlieren, das ist ein zentraler Entwicklungsschritt in Kindheit und Jugend. Die psychologische Praxis begleitet Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einer gesunden Balance zwischen Innen und Außen. Öffentlichkeit soll kein Ort der Überforderung, sondern ein Raum der echten Begegnung werden.
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