Grenzen erkennen, benennen und entlasten
- Joselaine dos Santos Andrade

- 24. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Überforderung gehört zum Leben besonders in einer Welt, die Kindern und Jugendlichen oft viel abverlangt. Ob emotional, sozial, schulisch oder innerlich. Überforderung entsteht, wenn Anforderungen dauerhaft die verfügbaren Ressourcen übersteigen. In der psychologischen Praxis ist sie kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Signal. Ein Hinweis darauf, dass etwas zu viel, zu schnell oder zu unverbunden geschieht. Therapeutische Arbeit bedeutet hier vor allem eines: Raum schaffen für Entlastung, Verständnis und Neusortierung.
In der Psychoanalyse wird Überforderung als Ausdruck eines inneren Konflikts oder eines Mangels an Ich-Stabilität verstanden. Kinder, die sich überfordert zeigen, erleben oft unbewusste Spannungen, Schuldgefühle oder widersprüchliche Anforderungen, die sie nicht regulieren können. Die therapeutische Beziehung bietet die Möglichkeit, diese inneren Konflikte sichtbar zu machen nicht durch Leistung, sondern durch Zuhören, Deuten und Halten. Überforderung wird hier nicht bekämpft, sondern verstanden, benannt und allmählich integriert auf symbolischer Ebene.
Die Gestalttherapie begegnet Überforderung im Hier und Jetzt. Der Fokus liegt auf der bewussten Wahrnehmung. Was ist zu viel? Wo verliere ich Kontakt zu mir selbst? Was passiert mit meinem Körper, meinem Atem, meiner Grenze? Durch achtsame Begleitung wird das Kind eingeladen, seine Bedürfnisse zu spüren, Überforderungsmuster zu erkennen und neue Formen der Selbstfürsorge zu erproben. Die Therapeut*in unterstützt nicht durch Lösungsvorschläge, sondern durch echte Präsenz. Entlastung entsteht dort, wo das Gefühl „Ich darf so sein, wie ich bin“ wieder möglich wird.
In der Verhaltenstherapie wird Überforderung als eine Reaktion auf konkrete Belastungen verstanden, die analysiert, strukturiert und verändert werden können. Die Arbeit beginnt mit der Erfassung von Auslösern, Reaktionen und Konsequenzen. Überforderung wird entlastet durch Reizreduktion, klare Tagesstrukturen, Aufbau von Bewältigungsstrategien und das gezielte Einüben von Selbststeuerung. Ziel ist, das Kind in die Lage zu versetzen, Anforderungen realistisch einzuschätzen, Hilfe zu holen und innere wie äußere Ressourcen gezielt zu aktivieren.
Überforderung braucht Erlaubnis zur Grenze
Kinder und Jugendliche brauchen nicht nur Motivation, sie brauchen Erlaubnis zur Pause. In der psychologischen Arbeit ist es ein Zeichen von Stärke, Überforderung zu benennen, ernst zu nehmen und in Beziehung zu entlasten. Denn wo die Grenze gewahrt wird, kann wieder Raum für Entwicklung entstehen.
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