Entwicklung braucht Tempo, Rhythmus und Geduld
- Joselaine dos Santos Andrade
- 27. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Zeit ist einer der zentralsten, aber oft unterschätzten Wirkfaktoren in der psychologischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. In einer Welt, die Beschleunigung verlangt und schnelle Erfolge erwartet, wird psychische Entwicklung häufig als etwas Lineares verstanden. Doch echte Veränderung braucht Rhythmus, Wiederholung, innere Reifung und vor allem Geduld. Therapeutische Prozesse folgen keinem Fahrplan, sondern orientieren sich am Erleben, an Beziehung und an der Bereitschaft des Kindes.
In der Psychoanalyse ist Zeit ein strukturierendes Element der therapeutischen Beziehung. Entwicklung wird als Prozess verstanden, der durch Wiederholung, Symbolisierung und die langsame Bearbeitung unbewusster Inhalte gekennzeichnet ist. Zeit ist hier nicht nur äußerlich, sondern innerlich: das Kind braucht Zeit, um sich selbst zu spüren, um Konflikte zuzulassen und um Vertrauen aufzubauen. Therapeutisch bedeutet das: nicht drängen, sondern halten auch wenn der Fortschritt still scheint.
In der Gestalttherapie geschieht Veränderung im Hier und Jetzt und dennoch braucht auch sie Zeit. Denn damit ein Kind im Moment präsent sein kann, muss es sich sicher fühlen. Zeit wird hier nicht als Planungsgröße verstanden, sondern als Erfahrungsraum. In jeder Sitzung entsteht ein neuer Rhythmus, eine neue Begegnung. Zeit wird nicht gefüllt, sondern gestaltet. Und Veränderung geschieht, wenn der richtige Moment da ist nicht früher, nicht später.
In der Verhaltenstherapie wird Zeit funktional genutzt für den Aufbau neuer Verhaltensmuster, für das Einüben von Strategien und für die Bewertung von Fortschritten. Doch auch hier gilt, jedes Kind braucht sein eigenes Tempo. Veränderung ist oft nicht linear, sondern geprägt von Rückschritten, Stagnation und unerwarteten Fortschritten. Der therapeutische Prozess wird begleitet durch realistische Zielsetzungen, regelmäßige Reflexion und die Akzeptanz von Entwicklungsphasen, die nicht kontrollierbar, aber gestaltbar sind.
Zeit ist nicht neutral, sie wirkt
In der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie ist Zeit mehr als Rahmenbedingung, sie ist ein Zeichen von Respekt. Wer Kindern Zeit gibt, gibt ihnen Raum zur Selbstwerdung. Therapeutische Prozesse brauchen Vertrauen in das Tempo des Kindes, in die Wiederholung als Entwicklungskraft und in das langsame Reifen von inneren Strukturen. Denn jede echte Veränderung beginnt damit, Zeit zu lassen und Zeit zu geben.
Crescer com Emoção –
Mit Herz und Verstand wachsen